von Chip Brogden
„Ich aber will sehr gerne Opfer bringen und geopfert werden für eure Seelen, sollte ich auch, je mehr ich euch liebe, desto weniger geliebt werden!“ (2. Kor. 12, 15)
Neben dem Gebet, ist kein anderes Thema mehr besprochen und weniger praktiziert worden als das Thema der gegenseitigen Liebe.
Wir alle wissen, dass wir einander lieben sollen. Wir haben es tausend Mal gepredigt gehört. Doch es gibt einen Unterschied zwischen den Weg zu kennen und auf dem Weg zu gehen.
Ich möchte gezielt über das Problem der Liebe sprechen, wo sie im Zusammenhang mit dem “Dienen” steht. Das Wort “Dienst” ist ein recht befrachtetes Wort und wir müssen nachhaken, wenn jemand dieses Wort benutzt, um herauszufinden, was derjenige wirklich damit meint. Ich denke, die meisten werden mir zustimmen, dass, was heutzutage als “Dienst” durchgeht, weit entfernt ist von dem Dienst, wie er im Neuen Testament praktiziert wurde. Und ich beziehe mich mit dieser Aussage nicht auf irgendeine praktizierte Methode oder angewandte Technik. Die “fehlende Zutat” ist nicht so etwas Oberflächliches wie Versammlungen in Hauskirchen kontra Gottesdienste in Kirchengebäuden. Wie weit sind wir in die Irre gegangen anzunehmen, dass das Geheimnis des Lebens des Neuen Testaments in dieser oder jenen Weise zu finden ist, wie wir unsere Versammlungen abhalten.
Leiterschaft existiert in der Bibel und Leiterschaft existiert in der Gemeinde. Da führt kein Weg drumherum. Jesus zeigte uns, sowohl in Worten als auch in der Tat, dass sein Gedanke in Bezug auf Leiterschaft auf dem Dienst für Gott und dem Dienst an anderen basiert. Geistgeleitete, christuszentrierte, dienende Leiterschaft? Was macht einen geistlichen Vater aus? Was qualifiziert jemanden wahrhaftig als Apostel, Prophet, Evangelist, Pastor oder Lehrer?
Ihr mögt sagen, die Berufung durch Gott ist es, was qualifiziert. Möglich, doch viele sind berufen und nur wenige auserwählt. Viele sind berufen, doch sie scheitern in ihrer Antwort auf den Ruf. Man braucht mehr als eine Berufung.
Ihr sagt vielleicht, die von Gott verliehene Gabe ist die Qualifikation. Lasst mich euch etwas sagen, Brüder und Schwestern: Gaben sind für mich nicht länger das, worauf ich größtes Augenmerk lege. Brüder und Schwestern mit einer Gabe gibt es wie Sand am Meer. Ich sage es frei heraus. Oftmals treffe ich Leute und scheide mit dem Eindruck, eine große Gabe gesehen zu haben, dennoch hinterlassen sie ein hohles Gefühl in mir. Sie haben eine Menge Potenzial, doch ich würde ihnen nicht einmal meinen Hund anvertrauen und noch viel weniger die Sorge für Menschenseelen. Viele von diesen Leuten behaupten sich in einem pastoralen, prophetischen oder apostolischen Amt. Doch das, in sich selbst, qualifiziert eine Person nicht. Ich habe Brüder und Schwestern mit Gaben erlebt, die bar jeder Weisheit, ohne Reife und ohne jegliche geistliche Unterscheidung im Leben anderer Menschen ein Chaos angerichtet haben.
Vielleicht sagt ihr auch, Offenbarung von Gott ist entscheidend für eine Qualifikation. Ich glaube fest, dass Offenbarung eine Unabdingbarkeit ist, wenn man andere lehrt, denn man kann anderen nicht den Weg zu einem Ort zeigen, an dem man selbst nie gewesen ist. Doch Offenbarung ist keine Befähigung.
Es kam eine Zeit in meinem Leben als ich erkannte, ich war berufen und hatte Gaben und Gott hatte mir große Offenbarung gegeben, und doch fehlte mir etwas. Nun, als ich jünger war, glaubte ich, alles was man bräuchte, wäre eine Berufung von Gott und die von ihm erhaltenen Gaben. Dann fing ich an, einiges durch Offenbarung zu lernen und dachte, das wäre jetzt Gottes Siegel der Anerkennung auf mir.
Trotzdem konnte ich die Tatsache nicht verleugnen, dass damals, wie auch heute, außer mir jede Menge anderer Leute auf dieser Welt von Gott berufen sind, geistliche Gaben haben und sich einer reichen Fülle von Offenbarungen erfreuen. Doch Gott kann sich nicht auf sie verlassen, wo dienende Leiterschaft erforderlich ist. Sie mögen einen Titel oder einen Dienst haben, und dennoch sind sie nicht qualifiziert, weil sie nicht die fehlende Zutat haben. Mir fiel auf, ihnen mangelte es an einer Sache, und noch schlimmer, mir mangelte es an derselben Sache. Endlich entdeckte ich, woran es jedem, einschließlich mir selber, fehlte.
Was ist die fehlende Zutat? Die fehlende Zutat ist LIEBE.
Durch eine Begebenheit möchte ich veranschaulichen, was ich meine. Ein Pastor erzählte mir, was viele Jahre zuvor zwischen ihm und seinem Co-Pastor vorgefallen war. Sie arbeiteten zusammen in der Gemeinde und glücklicherweise waren sie auch noch gute Freunde. Er erzählte, eines Tages kam sein Co-Pastor und Freund mit Tränen in den Augen zu ihm und sagte: “Du bist der beste Prediger und Lehrer der Heiligen Schrift, den ich je in meinem Leben gehört habe. Doch du liebst Menschen einfach nicht.” Als der Pastor mir dies erzählte, hatte er ebenfalls Tränen in den Augen. Für ihn war es eine mächtige Ermahnung gewesen und uns ist es eine wichtige Lektion. Wir können berufen und voller Gaben und Offenbarung sein und dennoch das Ziel verfehlen, weil wir mit anderen Menschen nicht in Liebe wandeln.
Wir könnten nun zu vielen Beispielen im Neuen Testament gehen, wo Liebe demonstriert und befohlen wird. Ihr kennt sie ebenso gut wie ich. Doch wenn ich diese kleine verborgene Schriftstelle in 2. Korinther 12 aufschlage, finde ich etwas zumeist Übersehenes. Paulus schreibt: “Ich aber will sehr gerne Opfer bringen und geopfert werden für eure Seelen, sollte ich auch, je mehr ich euch liebe, desto weniger geliebt werden!” Nun, das ist es, was eine Person qualifiziert. Dies ist die fehlende Zutat.
Paulus schrieb dies den Korinthern. Wie ihr wisst, hatte Paulus mehr Probleme mit der Gemeinde in Korinth als mit allen anderen zusammen. Die meisten Leute hätten aufgegeben, doch nicht Paulus. Paulus hat das Herz eines Vaters. Das ist ein echter Apostel. Das ist ein echter Pastor. Wir wissen, er war berufen, wir wissen auch, dass er Gaben hatte, und ganz sicher wissen wir, dass er eine tiefe Offenbarung besaß. Hätte er das Gefühl gehabt, mit Korinth seine Zeit zu verschwenden und den Wunsch, jemandem anderen seine Aufmerksamkeit zu schenken – wir hätten es verstanden.
Doch seht ihr, diese Art des Denkens ist durch und durch fleischlich. Ich habe vor vielen Jahren etwas gelesen, was ich zunächst als Weisheit annahm, später für mich jedoch verwarf. Ein Mann schrieb: “Gehe hin, wo man dich feiert und nicht dorthin, wo du nur toleriert wirst.” Damals fühlte ich mich ganz und gar nicht geschätzt, also dachte ich, das wäre vernünftiger Rat. Doch Gott war mir gnädig und half mir zu erkennen, dass eben diese Haltung das ganze Problem des heutigen “Dienstes” ausmacht. Wir lieben Menschen, die uns lieben, und wir dienen Menschen, die uns dienen, und wir danken Menschen, die uns danken, und wenn du mir auf die Schulter klopfst, dann klopfe ich dir auf deine Schulter. Was für eine Art von Christentum ist das? Was wäre gewesen, wenn Paulus nur dorthin gegangen wäre, wo man ihn feierte und alle Orte vermieden hätte, wo er lediglich toleriert wurde? Was eine törichte Aussage, doch dies ist die überwiegende Haltung unter den heutigen “Dienern”.
Paulus gab uns ein Beispiel zur Befolgung. Seht nicht nur auf seine Berufung, seine Gaben und seine Offenbarung. Schaut auf sein Herz voller Liebe. Er gab alles – nicht nur für den Herrn, sondern auch für das Volk des Herrn. Und dieses bestand aus einem Haufen fleischlicher, undankbarer Leute. Und trotzdem zeigt sich das Herz eines Vaters. Dies ist der Grund, warum er Autorität besaß. Ich sage euch, diese Autorität lag nicht in seinem Titel, seiner Position, oder seinem Status als Gemeindegründer. Seine Autorität lag auch nicht in seiner Berufung, Gabe oder Offenbarung. Seine Autorität lag in der Liebe, die er im Überfluss hatte.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: ich bin dort noch nicht angekommen. Ich kämpfe immer noch damit, ein guter Bruder, und noch viel mehr, ein geistlicher Vater mit reichlich Liebe für alle zu sein. Ganz klar habe ich noch einen weiten Weg vor mir, doch sehe ich nun die fehlende Zutat und folge der Liebe nach. Wie steht es mit euch?
Wisst ihr, die Tage, in denen eine Person nur “auftrat”, um ihre Gaben auszuüben und ihr Veranstaltungsding durchzuziehen, gehen nun rasch dem Ende zu. Ich habe mich dessen schuldig gemacht, ich denke ein jeder von uns hat es entweder getan oder zugesehen, wie andere es tun. Ist es das, was Jesus uns zu tun geheißen hat? Sind wir auf diese Weise ein Beispiel? Einige Versammlungen abhalten, ein paar Gespräche führen, Hände schütteln und nach Hause gehen? All das bedeutet rein gar nichts, wenn wir einander nicht lieben. Es ist alles tönendes Blech und klingelnde Schellen.
Paulus sah sich selbst als Vater, der für die Nöte seiner Kinder sorgt. Er trat direkt in das Herz Gottes ein, denn das ist genau die Weise wie Gott es sieht. Deshalb war Paulus in der Lage, sie mehr zu lieben, obwohl sie ihn weniger liebten. Für diese Art von Leiterschaft gibt es im Leib Christi unserer Tage einen leeren Raum. Wir haben Leute, die nicht einmal gute Brüder und Schwestern sein können, und doch streben sie danach, geistliche Väter und Leiter, Apostel, Propheten, Pastoren und Lehrer zu sein. Anstatt Menschen MIT ihren Gaben zu dienen, erwarten sie, dass die Menschen ihnen WEGEN ihrer Gaben dienen. Es kann in so unbedeutenden Kleinigkeiten sichtbar sein, wie z.B. der reservierte Parkplatz des Pastors gleich neben der Eingangstür.
In den letzten Monaten habe ich gebetet: “Gott, nimm meine Berufung von mir, nimm meine Gaben weg, nimm meine Offenbarung, doch gib mir ein Herz voller Liebe.” Wirklich, Freunde, wir haben jede Menge Brüder und Schwestern mit Gaben. Doch wo sind die in unserer Generation, die Paulus, Petrus und Johannes gleichen? Wo sind die geistlichen Väter, die Leiter, die Ältesten, die, die jenen, die nachfolgen, ein göttliches Beispiel geben? Ein Beispiel wird ganz sicherlich gegeben, doch sehr oft ist es eines, das davon zeugt, was NICHT getan werden sollte.
Wo sind die, die sehr gerne Opfer bringen und geopfert werden wollen im Dienste Gottes und im Dienst für andere – die immer mehr lieben werden, selbst wenn sie nicht zurück geliebt werden? Ein Vater ist mehr wert als tausend Lehrer.
Alle, die ihr berufen seid und Gaben habt, hört mich an. Liebe ist die fehlende Zutat. Folge der Liebe – und die Berufung, die Gaben und die Offenbarung werden ihren tiefsten und vollkommenen Ausdruck finden.
About the Author
Chip Brogden, Author, teacher, and former pastor. Chip and his wife Karla came out of the church in 1999 to serve those who are following Jesus outside of Organized Religion. Today, The School of Christ reaches more than 135 nations with a simple, consistent, and Christ-centered message.
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