Und es fragte ihn ein Oberster: „Guter Lehrer, was muss ich getan haben, um ewiges Leben zu haben?“ (Lukas 18,18)
Das ist die Frage, die viele interessiert und worauf sie ihr Augenmerk richten: Was muss ich TUN? Und dieser Oberste, er hatte sehr viel getan und die Gebote von Jugend an eingehalten (18,21). Das ist wohl sehr viel mehr, als die meisten von uns vorweisen können! Und Jesus widerspricht der Behauptung des Mannes nicht einmal. Seltsam, dass jener Oberste das ewige Leben trotzdem nicht hatte und nun Jesus, den „guten Lehrer“ danach fragt.
Natürlich gefällt dem auf das TUN getrimmten Mann die Antwort Jesu nicht, denn er sollte seine Habe – er war sehr reich (18,22) – loslassen und Jesus folgen. Das ist ganz logisch, denn Jesus hat und ist das ewige Leben. Es ist nicht mit Taten zu erlangen, sondern in einer Beziehung zu finden, die der neue Reichtum eines Menschen wird.
Sind wir „in Christus“, dann sind wir „im ewigen Leben“. Das ewige Leben kann man nicht „haben“, nicht „kaufen“, nicht „erarbeiten“, man kann es nur in einer Beziehung finden, in der Jesus uns in dieses göttliche Leben hinein tauft. Es steht nicht in unserer Verfügung, sondern in seiner. Wir können es nur „haben“, wenn wir seinen Weg gehen. Um es zu bekommen, müssen wir zu Jesus kommen. Immer näher, immer tiefer. Das bestimmt über das Maß des Lebens, das wir von ihm empfangen können.
Viele denken, wenn sie bekehrt sind, dann „haben“ sie das ewige Leben. Das ist auf der einen Seite richtig, aber besser wir würden es so formulieren: Bekehren wir uns, haben wir angefangen, die Beziehung mit der Quelle des Lebens einzugehen, haben wir angefangen, den Weg des Lebens zu gehen. In der Fülle des Lebens sind wir noch lange nicht angekommen! Wir wissen auch keineswegs, wie das geht, denn es geht nur an der Hand dessen, der uns in die Geheimnisse des Lebens und der Ewigkeit einführt. Und niemand ahnt am Anfang, wie viel es für ihn loszulassen gilt!
Ich bin heute, nach weit über dreißig Jahren nach meiner Bekehrung, sehr vorsichtig geworden mit solch vollmundigen Versprechen an die Neubekehrten, dass sie nun alles „haben“, was es zu kriegen gibt und natürlich auch das ewige Leben. Denn „wer den Sohn hat, hat das Leben“!
Aber wie viel haben wir von dem Sohn und wie viel er von uns? Wie weit ist das „er in uns und wir in ihm“ (vgl. Joh 15,5) gediehen? Wenn wir die Fülle des geistgewirkten Lebens haben und es in Strömen von unserem Leib fließt, wird das nicht JEDER bemerken? Bei Jesus haben sie es jedenfalls bemerkt!
Es gibt ein weitverbreitetes Christentum, wo man das keineswegs merkt. Wie kann das sein? Weil man ganz wie der „Oberste“ versucht, das ewige Leben zu erlangen, indem man sich an die Regeln hält, die uns vorgegeben werden und gute Werke tut, die uns zu tun abverlangt wird. Jede Gemeinde hat da so ihre eigenen geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze, wie man ein „guter Christ“, ein „richtiger Gläubiger“ ist. Und in aller Regel sagen sie nicht: „Verkaufe alles, was du hast und folge Jesus nach! Das Leben, das du suchst, ist IN IHM.“