Die Finsternis ist das neue Licht

Niemand aber, der eine Leuchte angezündet hat, stellt sie ins Versteck, noch unter den Scheffel, sondern auf das Lampengestell, damit die Hereinkommenden den Schein sehen. Die Leuchte des Leibes ist dein Auge; wenn dein Auge lauter ist, so ist dein ganzer Leib licht; wenn es aber böse ist, so ist auch dein Leib finster. (Lukas 11,33-34)

Die Königin des Südens hatte Salomon richtig eingeschätzt, besuchte ihn und hörte seine Weisheit. Die Männer von Ninive hatten Jona richtig eingeschätzt, ein Bote des Höchsten zu sein, der ihnen eine letzte Gelegenheit gab, Buße zu tun – und sie taten es. Die Pharisäer und Schriftgelehrten erleben Jesus, den einzigartigen Sohn Gottes und des Menschen, den Messias, den Erlöser, den vollmächtigen Prediger des Reiches Gottes, dem die Krankheiten, Dämonen, Naturgewalten, ja selbst der Tod untertan sind – und (an)erkennen ihn nicht.

Im großen Gericht werden  die Königin von Saba und die Männer von Ninive dieses Geschlecht und im Besonderen ihre Pharisäer und Schriftgelehrten verdammen, weil sie Zeugen einer unvergleichlich viel größeren Gnade Gottes geworden sind, indem sie der Gesalbte Gottes, auf den alle Propheten hingewiesen hatten und der von Israel gerade unter der Besatzung der Römer heiß ersehnt wurde, besucht hat. Gott hat ihr Elend angesehen und einen Retter gesandt. Wie unendlich privilegiert sie sind!

In Christus ist Gott ihnen ganz nah gekommen und berührbar geworden. Sie konnten ihn alles fragen, was sie je über Gott und seine Wege wissen wollten. Jesus konnte ihnen alles über den Himmel, das himmlische Jerusalem, das ewige Heiligtum und die Engel, aber auch die Dämonen sagen. Noch mehr, er würde sie als der von Gott gegebene Hirte in all das hineinführen. Himmel und Erde würden IN IHM miteinander versöhnt und harmonisiert werden. Eine grandiose Zeitenwende stand an! Wie nur ist es diesem Geschlecht und seiner Leiterschaft möglich, den Christus Gottes dermaßen zu verkennen und abzulehnen? Sie würden ihn noch hinrichten. Auch das haben die Propheten so vorhergesagt…

Jesus nennt dieses Geschlecht gerade heraus „böse“ (V. 29) und er nennt die Augen der Pharisäer „böse“. Er, Jesus, ist das Licht der Welt – und sie stellen ihn nicht auf den Leuchter, sondern löschen ihn aus. O welche Finsternis kommt da auf Golgatha über das ganze Land! (Lk 23,44-45). 

Die Pharisäer wollen Jesus nicht sehen, wie er wirklich ist, überhaupt wollen sie die gesamte Wirklichkeit nicht gelten lassen, sondern so „gestalten“, wie es ihnen in den Kram passt resp. ihrer religiösen Ideologie und politischen Agenda entspricht. Also werden sie die Finsternis zum Licht erklären und umgekehrt das Licht zur Finsternis. Die Lüge zur Wahrheit und die Wahrheit zur Lüge. Das Volk hat es als „richtig“ zu glauben und zu befolgen, sonst wird es sanktioniert. Jesus muss als Verbrecher sterben und sie als Gerechte und Wohltäter gefeiert werden. Genau. So haben es alle Despoten und Regime von je her getan. Sie gehen über Leichen und bekommen dafür den Friedensnobelpreis. Sie treiben ganze Völker in den Ruin und bekommen dafür großzügige Boni für die „gute Arbeit“. Genau.

Die Perversion wurde bis heute immer weiter perfektioniert. Wer weiß noch, was fake und was real ist? Das Wort „Lauterkeit“, welches in unseren Tages-Versen von Jesus benutzt wird, ist veraltet, ein Relikt aus vergangenen Zeiten, wo sowas noch tugendhaft war.

Immer noch können alle Jesus nach der Wirklichkeit fragen… aber das ist das Letzte, was getan wird. Wen interessiert das? Er wird als religiöser Gutmensch für mildtätige Zwecke hergenommen und dient als Rechtfertigung unvorstellbarer imperialer Macht voller Fremdbestimmung und Ausbeutung. Die Pharisäer und Schriftgelehrten sind ja nicht ausgestorben!

Es wäre immer noch brandgefährlich, Jesus frei zu geben und sprechen zu lassen, denn er würde auch heute die Verkehrtheit von allem aufdecken und damit unnötig Ärger machen. Man müsste ihn erneut beseitigen, weil er sich nicht an die Regeln (AGBs) der Finsternis hält. Also bleibt unser Leib – die ganze Welt – finster. Aber wen stört das schon?

Das „lautere Auge“ ist so einfältig und naiv, dass es die Wirklichkeit genau so ansieht, wie sie ist, ohne jegliche Absicht, sie zu manipulieren, zu kaufen, zu vermarkten, zu verdrehen, zu korrigieren, zu instrumentalisieren, zu beschränken, zu töten. Gerne an einem Kreuz.