Das Zeichen Jonas

Als aber die Volksmengen herzudrängten, fing er an, zu sagen: Dieses Geschlecht ist ein böses Geschlecht; es fordert Zeichen, und kein Zeichen wird ihm gegeben werden, als nur das Zeichen Jonas. Denn wie Jona den Niniviten ein Zeichen war, so wird es auch der Sohn des Menschen diesem Geschlecht sein. (Lukas 11,29-30)

Jona – das ist doch der Prophet, der nicht nach Ninive gehen wollte und dann von einem Walfisch hingeschafft wurde! Widerwillig predigte er den Niniviten Gericht wegen ihrer himmelschreienden Ungerechtigkeit – und die Taten Buße! Da wendete sich ihr Schicksal… und Jona war darüber stocksauer. „Wusste ich doch, dass Du gnädig sein würdest!“, hielt er Gott kopfschüttelnd vor.

Das mit dem Walfisch hatten die Leute gar nicht mitbekommen, sie glaubten JONA. Sie akzeptierten, dass er war, wer er war: ein Prophet und Gesandter des Höchsten.

Auch jenen Israeliten, zu denen Jesus hier in Lukas 11 spricht, wurde kein Zeichen gegeben – obwohl Jesus ja wohl Zeichen ohne Ende tat, aber das hatte keinerlei Wirkung auf die Bosheit – sondern JEMAND. Ein Bote wie Jona, ein Prophet, ja viel mehr noch als das: Der „Sohn des Menschen“, der Messias, der Gesalbte, der Christus Gottes, das Licht und Brot der Welt, der „Immanuel“, der Erlöser, der Friedefürst, usw. kommt zu ihnen.

Aber das alles reicht ihnen nicht, sie wollen andere Zeichen haben. Nicht solche, wie Jesus sie unter anderem gerade mit der Befreiung des stummen Mannes vollbracht hatte. Was interessiert sie der Stumme oder all diese anderen Kranken, die Jesus heilt? Sie wollen Zeichen sehen, die die Römer aus dem Land treiben und Israels Imperium wiederherstellen. Sie wollen einen politischen Messias, der mit ihnen zusammenarbeitet und nicht ständig ihre Korruption aufdeckt.

Dieser Jesus war ja sowas von frei, von eigen und von selbstbestimmt. Er hörte kein bisschen auf sie und hielt von ihrer fabelhaften Schriftgelehrtheit und Synagoge nicht eben viel. Ab Vers 37 würde er sogar „Weherufe“ gegen sie formulieren und sie der schlimmsten Heuchelei bezichtigen. Sie würden ihn dafür als Terroristen darstellen und beseitigen müssen, da er das Volk gegen sie aufwiegelte und all ihr religiöses Gutmenschentum an den Pranger stellte. Er fügte sich nicht ein.

Bei Jona taten sogar die heidnischen Niniviten, die in den Augen der Frommen weit unter ihnen standen, Buße, aber bei Jesus, der unvergleichlich viel größer ist als Jona, der vor ihren Augen die Kranken heilt, die Aussätzigen reinigt, die Dämonisierten befreit, sogar Tote aufweckt und das Reich Gottes verkündigt, tun SIE nicht Buße. Das haben sie gar nicht nötig. Sie wollen ja, dass JESUS Buße tut und endlich vernünftig wird. Dass er endlich sein rebellisches Verhalten gegen die von Gott eingesetzte Obrigkeit einstellt und aufhört, ständig das Gesetz zu brechen. Dass er Einsicht zeigt und nicht sektiererisch alles besser weiß. Dass er das Behandeln der Kranken den Ärzten überlässt, die das studiert haben und die Dämonisierten der Psychiatrie, die sie ruhigstellt. Der die Auslegung der Schrift den lizensierten Schriftgelehrten und die Toten dem Friedhof überlässt. Für alles gibt es doch Ordnungen, Fachleute und Stellen, die dafür zuständig sind.

Jede Generation hat ihre Propheten. Daran hat sich nichts geändert. Auch heute gibt es sie und sie rufen zur Buße auf, denn das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen – sehr nahe. Aber die Bosheit ist fortgeschritten und perfektioniert. Sie dreht alles in sein Gegenteil um. Das Böse ist jetzt gut, das Perverse modern, „Toleranz“ die neue Gerechtigkeit. Sünde gibt es nicht mehr. Damit sind wir schon lange fertig. Die Dämonen sind gut integriert, niemand wird diskriminiert!

Fragen wir uns einmal, wie ein moderner Prophet auftreten müsste, um uns zu erreichen? Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass uns noch jemand erreichen kann. Gott ist in den Untergrund gegangen. Dort bildet er zahllose Propheten heran, die in alle die Szenen der zerfallenden Gesellschaften gehen, um MENSCHEN zu erreichen – eins zu eins. Gott ist in den großen Religionen und ihren Tempeln nicht zu finden, er wohnt bei denen, die „nichts“ sind in den Augen der Welt. Bei den Namenlosen und Stummen. Mit ihnen schreibt er Geschichte und gebiert eine neue Welt, welche so anders ist, als die, die wir kennen und im Fernsehen präsentiert bekommen, dass wir sie womöglich ganz übersehen. Sie kommt auf unseren Bildschirmen schlicht nicht vor, also ist sie für uns nicht existent. Aber sie ist da und ihr gehört die Zukunft.