„Hierin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringt und meine Jünger werdet.“ (Johannes 15,8)
Viele Schein-Christlichkeit, die keine göttliche Frucht bringt, ist nichts anderes als Leistungsorientiertheit und führt zu Heuchelei, indem wir anders tun, als wir wirklich sind. Hier setzte die Kritik Jesu an den Pharisäern an. Und als programm- und ergebnisorientierte Gemeinde stehen wir in Gefahr, es genauso zu machen. Wir zeigen auf das, was wir alles an Diensten tun und sagen: „Schaut, wie gut wir sind.“
Ich glaube, bei Gott liegt die Sache genau andersherum. Eine fromme Handlung beweist noch nicht, daß ich fromm bin. Bin ich aber fromm, wird die Handlung es entsprechend auch sein. Gott möchte nicht, daß wir wer weiß wie viel tun, sondern wer weiß wie viel sind. Aus dem rechten Sein fließt das rechte Tun ganz von alleine – und das ganz ohne die Notwendigkeit von endlosen Appellen, wie man das so sehr von der institutionalisierten Gemeinde gewohnt ist.
Dies erinnert mich an den alten Spruch: Viele arbeiten für Gott und wenige mit Gott.
In einer Familie will ein Kind immer „mit Papa“ arbeiten. In der Familie muß man sich die Zugehörigkeit nicht erarbeiten und durch ständige Leistung beweisen. Siehe das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lukas 15) als Paradebeispiel dafür. Man kann idealer Weise Ruhe finden… Und bekanntlich liegt die Kraft in der Ruhe…
Es ist uns befohlen, in die Ruhe Gottes einzukehren, die explizit als „Ruhe von den eigenen Werken“ bezeichnet wird. (Hebräer 4,9-10). Und aus dieser Ruhe in Gott fließt die Inspiration und Ermächtigung, die von Gott selbst schon vorbereiteten Werke zu tun (Epheser 2,10). Wohlgemerkt: seine Werke, nicht unsere Werke.
Vielleicht sind wir Deutschen besonders anfällig für Leistungsorientiertheit. Unsere Sonntage gleichen so gar nicht einem Sabbat, in dem alle Aktivitäten eingestellt werden und wir unsere Identität in Gott in der Ruhe festigen und kultivieren. Oft ist gerade am Sonntag „volles Programm“ und wir verlieren uns an all das Viele, was zu tun ist. Damit wird es zum Götzen…
Vielleicht haben wir den Begriff „Jünger“ durch den Akzent auf Leistung dahingehend verändert, daß ein Jünger in unseren Augen nichts anderes als ein frommer Leistungserbringer ist. Wir haben vielleicht auch den Begriff „Frucht“ durch den Akzent auf Leistung dahingehend verändert, daß wir unter „Frucht bringen“ generell fromme Leistungen verstehen: Wer viel in die Gemeinde kommt und wer an ihren Aktionen teilnimmt und mitarbeitet, usw., der bringt viel Frucht bzw. ist ein fruchtbarer Christ – ein „Jünger“.
Tatsächlich aber gibt es im Kontext des „Frucht-bringens“ die krasse Bibelstelle in Matthäus 7, wo welche zum Herrn kommen und ihre Leistungen präsentieren: „Herr, haben wir nicht in Deinem Namen geweissagt, Dämonen ausgetrieben und viele Wunderwerke getan?“ Und ganz gegen unsere Erwartung, daß der Herr überaus zufrieden ist mit ihren Taten, gibt er die schockierende Antwort: „Ich habe euch niemals gekannt. Weicht von mir, ihr Übeltäter!“
Zuvor sagt Jesus, dass nur die in den Himmel eingehen, „die den Willen des Vaters tun“. Diese Leute, die ihre Werke präsentierten, waren überzeugt, eben den Willen des Vaters im Himmel getan zu haben, aber nein… Jesus nennt sie „Übeltäter“! Das ist für mich als Mitglied einer leistungsorientierten Gesellschaft wirklich erschütternd. Wenn der Herr an diesen präsentablen Ergebnissen kein Interesse hat – woran in aller Welt dann?
Die Antwort von Jesus verstehe ich so, daß er uns den Schlüssel des Willens des Vaters und den Schlüssel des Erbringens der gewünschten Frucht mitteilt: den Sohn zu kennen.
Ein Jünger ist dadurch ein Jünger, daß er seinen Meister „kennt“.
Fatalerweise kann es gerade die „Arbeit für Gott“ sein, welche die Kultivierung einer innigen Beziehung mit Jesus, die zu einer tiefen Einheit mit ihm führt, hindert. Dies ist aber der Wille Gottes. Er will nicht alle unsere Leistungen sehen, er will Jesus sehen. Ausschließlich! Sind unser Werke nicht seine Werke, dann sind sie ihm nicht wohlgefällig. Auch wenn sie in sich selbst noch so „gut“ sein mögen. Es ist leider wahr, der Dienst kann leicht zum Ersatz für den Sohn werden. Er kann zu einer Routine werden, die ganz von alleine immer weiter läuft. Wir „bauen“ eine Gemeinde, einen Dienst der Prophetie, der Befreiung, der Mission, usw. – und dann steht diese Aufgabe im Mittelpunkt, die wir „im Namen des Herrn“ tun.