Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, das heißt, vor der Heuchelei. Es ist aber nichts verdeckt, was nicht aufgedeckt, und verborgen, was nicht erkannt werden wird; deswegen wird alles, was ihr in der Finsternis gesprochen haben werdet, im Licht gehört werden, und was ihr ins Ohr gesprochen haben werdet in den Kammern, wird auf den Dächern ausgerufen werden. (Lukas 12,1b-3)
Das ist eine ehrfurchtgebietende Ansage von Jesus, die uns alle zu einer konstanten Selbstüberprüfung bewegen sollte, wie der Status unserer Heuchelei ist. Wer könnte sich gänzlich davon frei sprechen und wandelt immer im Licht? Solch ein Satz von Jesus lässt die einen nach dem Licht verlangen, während er andere im Gegenteil tiefer in die Finsternis treibt, um versteckt zu bleiben.
Leider müssen wir konstatieren, dass gerade die Gemeinde manchmal ein Ort größter Heuchelei ist, weil vorne herum heilig getan wird, während hinten herum die Gerüchteküche kocht und jede Menge hässliche Dinge übereinander gesprochen werden. Weil man sich selbst, seinem Nächsten und auch Gott was vormacht. Das ist geradezu eine Definition von Religion. Wenn das mal alles ans Licht kommt…
Natürlich wird es vehement abgestritten, zwei Gesichter zu haben, mit doppelter Zunge zu sprechen und doppeltem Maß zu messen. Dies ist in unserer Kultur, wo der Ehrliche der Dumme ist, auch schwer. Kundenfreundlichkeit wird einstudiert, während der Kunde oft regelrecht verachtet wird. Gestresstes Personal muss sein „Service-Lächeln“ aufsetzen. Eine auf Äußerlichkeiten und Geschäft getrimmte Gesellschaft verliert die Integrität und Identität, nur leere Hüllen bleiben übrig.
Jesus bezeichnet die Heuchelei als Sauerteig. Unmerklich durchzieht und verwandelt er den ganzen Teig. So geht es uns allen. Eine kleine Lüge hier, ein Kompromiss da – und ehe wir uns versehen, sind wir durch und durch korrupt. Womöglich, ohne überhaupt zu merken, wie sehr. Wir halten uns – wie die Pharisäer – für „gut“ und „richtig“, während wir glatt das Gegenteil davon sind.
In diesem Zustand kann es uns sehr schwer fallen, Gott wahrzunehmen. Wir hören und sehen nichts von ihm, weil wir einfach auf einer anderen „Wellenlänge“ sind. Gott ist im Licht, wir in der Finsternis. Er ist die Wahrheit in Person, wir die manifestierte Lüge. Was Gott redet, können wir nicht hören, was er zeigt, nicht sehen. Dann beklagen wir uns darüber, dass Gott nicht zu uns spricht und sich nicht zeigt. Aber es liegt nicht an ihm, sondern an uns.
Einen durchsäuerten Teig wieder zurückzuverwandeln, ist nicht leicht! Durchgehende Veränderungen sind eingetreten, die an sich irreversibel sind. So ein Teig müsste per Zeitreise nochmal auf den Anfang zurückgesetzt werden, bevor die Durchsäuerung stattgefunden hat und er gar nichts davon wusste. Und das ist, was Jesus mit uns allen macht. Er setzt uns zurück auf „Werkseinstellung“ und beginnt uns ganz von vorne, aber diesmal im Licht. Je nachdem, wie weit wir in der Heuchelei gediehen sind, fühlt sich der Prozess wie sterben und auferstehen an. Nichts bleibt, wie es war. Wir sind von unserer eigenen Wirklichkeit so weit abgewichen, dass wir null Ahnung darüber haben, wer wir wirklich sind. Jede kleinste Einzelheit muss uns im Licht gezeigt werden, damit wir WIR werden – ganz echt, ganz rein, klar und identisch mit uns selbst. Selig.
Das Ins-Licht-Kommen wird für viele, die den Weg des Wahr-Werdens nicht gegangen sind, ein Schock sein. Sie hatten mit ihrem wirklich Leben noch gar nicht richtig angefangen, da war es schon vorüber. Eine bittere Pille. Das ist das Gericht, in dem alles aufgedeckt wird, was es wirklich ist – oder eben wirklich nicht. Zu vielen wird Jesus dann sagen: „Ich habe euch nicht gekannt“, und sie werden antworten: „Auch wir haben uns nicht gekannt“.