Und Zachäus suchte, Jesus zu sehen, wer er sei; und er konnte es nicht vor der Volksmenge… Und als er an den Ort kam, sah Jesus auf und erblickte ihn und sprach: Zachäus, steige eilends herab, denn heute muss ich bei dir zuhause bleiben. (Lukas 19,3-5)
Zachäus, ein reicher Oberzöllner, das Feindbild der Juden schlechthin, will Jesus sehen, wer er sei. Das ist gut, denn wenn wir nur von anderen über ihn hören, werden wir nie erfahren, wer er wirklich ist.
Also, Zöllner Zachäus will es wirklich wissen und steigt sogar auf einen Baum, weil er klein von Statur ist und die Volksmengen ihm die Sicht nehmen. Na wenn das nicht symbolisch ist! „Die Leute“ stehen auch uns allen oft im Wege, wenn wir Jesus wirklich sehen wollen. Heute mehr denn je, denn jetzt ist die christliche Religion voll entwickelt und hat „das Volk“ mit seiner Jesus-Interpretation voll im Griff.
Wunderbar, dass Zachäus es nun selbst herausfinden will, was es mit Jesus auf sich hat. Und Jesus reagiert auf dieses Verlangen und meint: „Zachäus, ich komm nachher zu dir nach Hause, mach alles bereit!“
Der fällt fast vom Baum! Begeistert nimmt er Jesus auf. Und die Leute – na klar, was sonst – murren darüber, dass Jesus „bei einem so sündigen Mann einkehrt“ (19,7). Ja warum geht er denn nicht zu den Gemeindeleitern der Stadt? Warum zu dem Obersünder? Jesu Antwort ist immer dieselbe:
„Der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist.“ (19,10)
Auf diese Weise werden dann Erste zu Letzten und Letzte zu Ersten. Denn es sind nicht immer die „Leute“, die „Experten“, die „Religiösen“ und die „Guten“, die begreifen, dass sie verloren sind. Das ist m. E. die große Gefahr der Religion. Man hält sich für gefunden und gerettet, weil man einmal getauft wurde, sich bekehrt hat oder zumindest zu einer Kirche bzw. Gemeinde geht. Aber Jesus warnt uns: „Nicht jeder, der „Herr, Herr!“ sagt, wird gerettet, sondern wer tut, was ich sage“ (Mt 7,21).
Zachäus nun tat, was der Herr sagte, er nahm ihn sogleich – ohne Diskussion, Fragen, Bedenken – in sein Haus auf.
Wie würden wir handeln, wenn Jesus uns das sagen würde: „Heute komme ich zu dir nach Hause!“ Würden wir das für möglich halten? Wohnt Jesus nicht in Kirchen und Gemeindehäusern? Besuchen wir ihn dort nicht am Sonntag? Was will er denn bei mir zu Hause? In meiner Privatsphäre. Da muss ich aber noch schwer aufräumen! Wie empfängt man eigentlich einen Messias? Ich muss meine Freunde anrufen! Vielleicht kommen die ja vorbei und helfen mir? Aber diese Volksmengen, die Jesus begleiten, die müssen draußen vor der Tür bleiben! Aber alle Nachbarn werden sich wundern, was denn hier für ein Volksauflauf ist… Was werden sie denken? Die muss ich unbedingt noch informieren!
Endlich einmal würden wir so richtig heiß laufen vor Beschäftigung mit dem Jesus, der zu uns kommt.
Wir würden den Pastor anrufen: „Hey Pastor, du wirst es nicht glauben, aber JESUS kommt nachher bei mir vorbei!“
Pastor: „Nicht ihr Ernst!“
„Doch doch, er ist gerade in die Stadt gekommen. Hast du denn nicht davon gehört?“
„Jesus ist in der Stadt? Das glaub ich nicht. Wir sind Jericho und nicht Jerusalem!“
„Doch, doch, er ist mit vielen Leuten gekommen, eine ganze Menge begleitet ihn. Das musst du doch wissen! Die Gemeinde muss vorbereitet werden! Helfen Sie mir bitte!“
Pastor: „Ihnen helfen? Wer sind Sie doch gleich?“
„Ich besuche manchmal Ihren Gottesdienst.“
Pastor: „Wirklich?“
„Jaja, wenn ich es doch sage. Aber haben Sie mir nicht zugehört: JESUS persönlich ist in die Stadt gekommen und…“
Pastor: „Und kommt zu Ihnen nach Hause, meinen Sie? Warum sollte er das tun? Sind Sie jemand Besonderes?“
„Nein, aber…“
Pastor: „Hören Sie, in meinem Kalender steht nichts von einem Besuch von Jesus. Ich halte das für ausgemachten Unsinn! Kommen Sie wie alle anderen in die Gemeinde, dort werden sie alles über den Messias erfahren, was sie wissen müssen. Und zwar aus seriösem Munde!
Mit diesem Mann, der zu ihnen kommen will, seien sie bloß vorsichtig. Was will er denn von Ihnen? Ich würde dem die Türe nicht aufmachen! Auf Wiederhören.“