„Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht aufnehmen wird wie ein Kind, wird nicht hineinkommen.“ (Lukas 18,17)
Wie sind wir Kinder? Das allgemein in der Gemeinde kultivierte Benehmen ist nicht kindlich, sondern in aller Regel ganz das Gegenteil davon. Jugendliche empfinden es manchmal ähnlich der Schule: Es gilt, still zu sitzen, sich zu benehmen und an die Vorgaben der Verantwortlichen zu halten … um gute Noten zu kriegen.
Tatsächlich haben viele Erwachsene komplett vergessen, was es bedeutet, ein Kind zu sein, es wurde ihnen durch das „Leben“, die Schule und Arbeitswelt „ausgetrieben“. Kindliche Ausgelassenheit, Lachen und Spielen sind auf der Strecke geblieben, schließlich kann man sich dafür nichts kaufen, jedoch sind sie für das Leben konstitutiv, es ist nicht vorgesehen, dass dies mit wachsendem Alter aufhört und wir nur noch funktionieren und unter Arbeits-Druck stehen bis zum Umfallen.
In endlosen und teuren Therapien wird dann versucht, den Weg zurück zu finden und das Trauma des verlorenen Kindes (Sohnes) aufzuarbeiten. Jedoch machen viele Menschen keine Therapie, sondern hören einfach auf zu leben, sie funktionieren nur noch. Die Bibel nennt das „Tot sein in den Sünden“ und Jesus fordert uns ganz ernsthaft auf, wieder Kinder zu werden. Er meint sogar, dass wir ausschließlich im Zustand von Söhnen und Töchtern das Reich Gottes verstehen und erfahren können. Das sollte uns zu denken geben!
Das Ziel der Sündenvergebung scheint weniger darin zu liegen, dass wir „in den Himmel kommen“, sondern mehr, dass wir Kinder werden.
Trotzdem, dass wir alle einst Kinder waren, sind wir wie verwaist, abgeschnitten von der selbstverständlichen Annahme, Liebe und Versorgung durch Eltern. Es ist, als wäre die Nabelschnur zum Leben durchgeschnitten … und wir sterben.
Ich habe festgestellt, dass unsere sehr kopflastige Gemeindekultur, die so viel Wert auf die rechte Predigt, Lehre und Theologie legt, wenig dazu beiträgt, die Dimension der Kindschaft zu entfalten. Nur als Theorie. Kinder jedoch können gar nichts mit Hypothesen anfangen, sie brauchen die direkte Erfahrung und Berührung mit der Wirklichkeit, nicht ein Buch darüber.
Nichts hat sich daran geändert. Verzweifelt brauchen wir Erfahrung und Berührung mit der Realität der Elternschaft Gottes, die ewig ist und tatsächlich Verantwortung für uns übernimmt. Dies nicht zu erfahren, lässt uns Waisen bleiben, die sich die Freiheit von Kindern gar nicht vorstellen können.
Jesus hat uns nicht erlöst, um religiös zu werden, sondern frei. Diese Art von Freiheit ist die der Teilhabe an seiner Sohnschaft. Als Christen sind wir frei mit seiner Freiheit. Was ist das für eine Freiheit? Kinderfreiheit bzw. Sohnesfreiheit und Tochterfreiheit.
Wir sind freigemacht zur „Freiheit der Herrlichkeit der Kinder (Gottes)“ (Rö 8,21). Wir sind nicht frei wie ein Luftballon im Wind, wir sind frei, eine Herrlichkeit zu teilen – die Herrlichkeit der Kinder. Jesus ist derjenige, der sie kennt und darum bezeugen kann – und der uns in diese Freiheit hineinbringt. Wir brauchen dringend seinen Geist, uns diese Art der Freiheit zu erklären, und noch mehr, uns damit ganzheitlich vertraut zu machen. Kinder sind in einer speziellen Art und Weise mit ihren Eltern vertraut, es ist nicht nur „informiert sein“.
Da Gott Liebe ist, ist die Freiheit in ihm die Freiheit der Liebe. Die Frucht dieser Liebesfreiheit ist Frieden und Freude, die das Potential haben, die verwundete und verwaiste Menschheit zu heilen. Religion hat diese Kraft nicht, mag sie auch christlich sein. Kinder brauchen Eltern…