Zeiten des Umbruchs

Jesus aber antwortete und sprach zu seinen Jüngern: „Seht ihr nicht dies alles? Wahrlich ich sage euch: Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen gelassen werden…“

(Matthäus 24,2)

 

cross-1521755Was Jesus seinen Jüngern da sagte, war nicht, was sie hören wollten. Sie zeigten ihm den Stolz ihrer religiösen Kultur, den heiligen Tempel und seine Anlagen – und da sagt Jesus ihnen so etwas. Wie unpassend.

Ja, solche Botschaften sind nie „passend“ und auch heute will niemand wahr haben, dass kein Stein auf dem anderen bleibt…obwohl die Gründe dafür ja vielleicht immer noch dieselben sind wie damals. Sowieso ist das, was Jesus seinen Jüngern im Folgenden über die Endzeit zu Protokoll gibt, für uns alle so brandaktuell wie wohl selten zuvor in der Geschichte.

Wir leben in Zeiten des Umbruchs – und das in großem Stil. Altes vergeht, Neues wird. Alte Strukturen (Weinschläuche) haben ihre Zeit gehabt und ausgedient, sie zerbrechen und nun werden Neue dringend gesucht. Viele Gemeinde- und Dienstspaltungen reproduzieren allerdings mit ihren Splittergruppen doch wieder das Alte in Neuauflage, weil sie sich etwas anderes einfach nicht vorstellen können, womit die nächste Abspaltung schon vorprogrammiert ist. Die christliche Szene zerfällt in zahllose Gruppen und Grüppchen, die alle ihr eigenes Süppchen kochen, manche schmecken besser, andere schlechter. Die Atomisierung jedenfalls schreitet voran und es ist, als würde man Zeuge einer Explosion im Zeitlupentempo, die aber mit ihrem Fortschreiten an Tempo und Dynamik gewinnt. Ratlos stehe die Vielen davor und wissen nicht, was sie davon halten sollen. Warum läßt Gott das zu? Ist er denn nicht für die Gemeinde? Natürlich ist er dafür! Was um Himmels Willen also geht da vor sich?!

Es ist ein großer Auflösungsprozess im Gange, der Wind pfeift uns nur so um die Ohren, niemand wird ihn aufhalten. Man muß ihn nutzen, um sich im Wandel mit zu wandeln, sonst wird man hinweggefegt werden. Ein alter Spruch sagt, die einen verbarrikadieren im Sturm ihre Hütten, während die anderen Windmühlen bauen. Die einen sehen in den Turbulenzen, die ja nicht nur die Gemeinde, sondern die ganze Welt rütteln und schütteln, etwas grundsätzlich Feindliches und stellen sich dagegen, die anderen sehen darin eine Gelegenheit und die Erfüllung von Worten wie etwa Hebräer 12,26-27. Sie spüren die „Wehen der Endzeit“ aus Matthäus 24,8, wobei inmitten der schrecklichen Ereignisse, die dort alle von Jesus aufgezählt werden auch steht:

Und dieses Evangelium des Reiches wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis, allen Nationen zum Zeugnis…(V. 14).

Wir werden uns noch wundern, dass es die Turbulenzen sind, die zustanden bringen, was wir in all den Jahrzehnten von „Ruhe und Ordnung“ nicht zustande brachten.

Wir finden in der Schrift mehr als einmal die Situation, dass die Gemeinde in alle Winde zerstreut wurde…und dann wie der Sauerteig wirkte und eine Art von „Untergrundtätigkeit“ entwickelte, die niemand für möglich gehalten hat.

Sollten wir in solchen Zeiten leben, was ich glaube, dann werden unsere raffinierten Gemeindeaufbau-Strategien zum Erhalt des Status quo versagen und den Wind nicht aufhalten. Er wird bloßlegen, wie viel Substanz unsere Kirchen wirklich haben, wie es um die Wurzeln bestellt ist und aus welchem Holz wir geschnitzt sind. Dieser Prozess der Erschütterung ist nicht einfach und bequem, aber wohl notwendig, um schließlich das hervorzubringen, was wir erbeten und ersehnt haben: wirkliche Jüngerschaft, die wirkliche Erweckung aushalten kann…bis ans Ende der Welt.